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Krimi-Lesetipp August/September

Yrsa Sigurdardttí´ir SchneeYrsa Sigurdardóttir: Schnee

Yrsa Sigurdardóttir, eine bekannte isländische Krimiautorin, entführt uns in ihrem Thriller Schnee in die verschneite isländische Wildnis. Dabei kombiniert sie die Aufklärung eines Vermisstenfalls mit spannenden Horrorelementen und einer geheimnisvollen Familiengeschichte.

Story

Zwei Pärchen starten mit einem Forscher einen riskanten Abenteuertrip ins isländische Hochland. Doch die Reise entwickelt sich schnell zur Katastrophe. Die Wandergruppe verschwindet spurlos in der eisigen Kälte. Ein Rettungsteam macht sich auf den Weg in die abgeschiedene Gegend. Sie finden eine Blutlache und weggeworfene Kleidung. Gleichzeitig ereignen sich seltsame Vorfälle auf einer abgelegenen Radarstation. Der neue Mitarbeiter hört plötzlich eine Kinderstimme durch das längst stillgelegte Telefon. Wie all diese unheimlichen Ereignisse miteinander zusammenhängen, erfährt man erst ganz zum Schluss.

Fazit

Durch verschiedene Perspektiven und Zeitsprünge bleibt die Geschichte bis zum Ende spannend. Yrsa Sigurdardóttir erzeugt eine Atmosphäre der Angst, die einen beim Lesen in den Bann zieht. Sie verbindet mystische Elemente mit einer packenden Handlung. Mich hat dieser Thriller mit seiner düsteren Atmosphäre, der Beschreibung der isländischen Natur und seinen vielseitigen Charakteren gepackt.

Ein Buch für alle, die sich anspruchsvoll gruseln möchten!


Marlene Neumann

Krimi-Lesetipp Juni/Juli

Tom Ryan Radio SilentTom Ryan: Radio Silent
 

Radio Silent ist ein sehr erfolgreicher Podcast. Seine Moderatorin, die Sucherin, versucht mit der Hilfe ihrer Hörer*innen vermisste Personen wiederzufinden.

„Ein siebzehnjähriger Junge verschwindet. Seine Familie und Freunde haben keine Ahnung, was aus ihm geworden ist. Er hinterlässt keine Spuren, keine Hinweise. Oder doch? In Nordamerika werden jedes Jahr fast eine Millionen Menschen als vermisst gemeldet. Aber wenn wir aufmerksam sind und alle zusammenarbeiten, gelingt es uns zusammen, ein paar von ihnen zurück nach Hause zu holen.“

Dee und Sibby waren die besten Freundinnen. Sie unternahmen alles zusammen und teilten all ihre Geheimnisse miteinander. Doch dann musste Dee mit sieben Jahren mitansehen wie ihre beste Freundin Sibby beim gemeinsamen Spielen entführt wurde. Auch heute, zehn Jahre später, fehlt von Sibby jede Spur…

Da Dee genau weiß, wie es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren, hat sie den Podcast Radio Silent ins Leben gerufen. Durch diesen Podcast versucht sie zusammen mit ihren Hörer*innen vermisste Personen wieder zu finden. Dies macht sie anonym, als sogenannte Sucherin und ist damit ziemlich erfolgreich.

Nur den Fall von Sibby hat sie auf dem Podcast nie gebracht…

Und dann verschwindet wieder ein Mädchen, genau in derselben Straße, in der früher Sibby und Dee gewohnt haben.
Zufall oder gibt es einen Zusammenhang?

„Ich bin die Sucherin und das ist Radio Silent. Ob es etwas gibt, was ihr tun könnt? Hört zu. Helft mit.“

Tom Ryan hat mit Radio Silent einen spannenden Jugendkrimi geliefert. Er wechselt Rückblicke, Transkripte des Podcasts und aktuelle Ereignisse immer wieder ab und baut damit eine enorme Spannung auf. Die Protagonistin Dee hat seit der Entführung mit Schuldgefühlen zu kämpfen und versucht durch den Podcast Wiedergutmachung zu leisten. Durch die Transkripte des Podcasts bekommt man auch Informationen zu den laufenden Fällen des Podcasts und verfolgt somit verschiedene Handlungsstränge. Einerseits möchte man erfahren, was mit Sibby passiert ist. Andererseits verfolgt man die Aufklärung der Podcast-Fälle und dann gibt es noch den aktuellen Entführungsfall aus Dees alter Nachbarschaft. Diese Spannung ließ mich das Buch kaum aus der Hand legen.

Ob es etwas gibt, was ihr tun könnt? Lest selbst. Fiebert mit.

Yvonne Reinhardt

Krimi-Lesetipp April/Mai

J. D. Barker Game onJ. D. Barker: Game on

“Game on” von J. D. Barker ist der erste Thriller seit langem, der durch eine Empfehlung meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Und tatsächlich konnte ich das Buch beim Lesen nicht mehr aus der Hand legen, so spannend war es.

Die Radio-Moderatorin Jordan Briggs wird von ihren Fans dafür geliebt, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste ihre Show-Gäste und Anrufende demaskiert und bloßstellt. Eines Tages erhält sie einen Anruf, der ihr das Heft aus der Hand nimmt. Ihr wird ein scheinbar harmloses Spiel vorgeschlagen, bei dem sie zwischen zwei Möglichkeiten wählen soll. Als dann aufgrund ihrer Wahl die ersten Sprengsätze hochgehen, ist sie gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Denn sie nahm auch in Kauf, dass andere für ihre Karriere leiden mussten. Bernie, der Attentäter, übernimmt die Regie über Jordans Sendung und alles scheint ausweglos auf sein geplantes Finale hinzulaufen.

Officer Cole Hudley stolpert eher zufällig in die Ermittlungen hinein, da er Jordan einen Strafzettel wegen Falschparken ausstellen wollte. Doch schnell ist er so tief in die Ereignisse verstrickt, dass er im Alleingang versucht, die nächsten Explosionen zu verhindern und den Anrufer zu enttarnen, bevor es noch mehr Opfer gibt.

J. D. Barker schreibt temporeich und mitreißend, sodass bei mir schnell das Gefühl aufkam, dass ich einen niedergeschriebenen Blockbuster in der Hand halte. Die Charaktere sind vielschichtig und gut ausgearbeitet. Jason Briggs wird als sehr durchsetzungsstarke und selbstbewusste Frau gezeigt, die aber durch ihre direkte Art und ihre verbalen Attacken in ihrer Sendung keine Sympathieträgerin ist. Diese Rolle übernimmt Cole Hudley, der fast klischeehaft den guten Cop darstellt. Schon nach der Hälfte weiß man, wer hinter dem Attentäter steckt. Die Beweggründe und Verflechtungen werden jedoch erst nach und nach offengelegt, sodass der Spannungsbogen bis zum Ende erhalten bleibt. Sprachlich überzeugt der Thriller und so fiebert man mit den Charakteren mit, ob sie unbeschadet aus der Situation herauskommen. Die Geschichte wird abwechselnd aus Jordans und Coles Sicht erzählt. Dadurch entstehen Cliffhanger, die die Spannung zusätzlich hochhalten. J.D. Barkers Thriller hat mich wirklich in seinen Bann gezogen. Auch wenn das Szenario stark übertrieben dargestellt wird, ist es wirklich gute Unterhaltung. Ein Thriller, der sich lohnt!

Hannah Scheske

Krimi-Lesetipp Februar/März

Michael Robotham, Der ErstgeboreneMichael Robotham: Der Erstgeborene

Der forensische Psychologe Cyrus Haven wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

„Wenn ich nur eins über meinen Bruder erzählen könnte, wäre es dies: Zwei Tage nach seinem neunzehnten Geburtstag ermordete er unsere Eltern und unsere Zwillingsschwestern, weil er Stimmen in seinem Kopf hörte. Als einzelnes prägendes Ereignis ist das unübertroffen für Elias und für mich.“

Cyrus Haven steht eine aufregende Zeit bevor. Sein älterer Bruder Elias soll nach zwanzig Jahren aus der Psychiatrie entlassen werden. Seine Schizophrenie wurde medikamentös eingestellt, ein Fachgremium empfiehlt eine schrittweise Wiedereingliederung. Trotz aller Zweifel erklärt sich Cyrus bereit, Elias tageweise bei sich aufzunehmen. Sein bei ihm wohnendes Mündel Evie ist skeptisch. Kann das gut gehen? Zumal Evie selbst damit zu tun hat, ihr Leben nach einem traumatischen Ereignis auf die Reihe zu bekommen und einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Ihre Gabe, anderen eine Lüge sofort anzusehen, erleichtert und erschwert ihr das gleichermaßen.
Als eine junge Frau ermordet wird und eine weitere verschwindet, wird Cyrus von der Polizei um Unterstützung gebeten. Abwechselnd aus Cyrus‘ und Evies Perspektive erzählt, entfaltet sich eine spannende Geschichte, die in einem wahren Showdown endet.

Der australische Thrillerautor Michael Robotham hat sich durch seine in London spielenden Krimis um den Psychotherapeuten Joe O'Loughlin und den Detective Vincent Ruiz eine große Fangemeinde erworben. 2020 begann Robotham eine neue Reihe mit dem forensischen Psychologen Cyrus Haven in der Hauptrolle. Haven berät die Polizei bei der Aufklärung schwerer Gewaltverbrechen. Im ersten Band „Schweige still“ lernt er so Evie Cormac kennen, eine höchst traumatisierte junge Frau, die als Kind entführt wurde. Im zweiten Band „Fürchte die Schatten“ versucht Cyrus Evies Vergangenheit aufzuklären. Alle drei Bände lassen sich unabhängig voneinander lesen, denn Robotham streut in die jeweilige Story genügend Hinweise und Erklärungen, ohne dass die Spannung darunter leidet.

Eine Pageturner-Serie, die hoffentlich bald mit einem vierten Band aufwartet!

Martina Lange

Krimi-Lesetipp Dezember/Januar

Joachim B. Schmidt: Kalmann

Joachim B. Schmidt: Kalmann

"Ich wünschte Großvater wäre bei mir gewesen. Er wusste immer, was zu tun war. Ich stolperte über die endlose Ebene Melrakkaslétta, hungrig, erschöpf und blutverschmiert, und fragte mich, was Großvater getan hätte."

Kalmann lebt in Island – genauer im abgelegenen Nordosten in einem kleinen Ort namens Raufarhöfn. Dort wohnt er schon, seit er sich erinnern kann. Er kennt das Dorf und die Umgebung wie seine Westentasche und die wenigen Einwohner*innen kennen Kalmann.

Man behauptete schon vieles über ihn: Seine Räder im Kopf würden rückwärts laufen, er wäre auf der Stufe eines Erstklässlers stehengeblieben oder er hätte nur Fischsuppe in seinem Kopf und den IQ eines Schafes. Doch neben seiner Tätigkeit als selbsternannter Dorfsheriff inklusive Cowboyhut und Sheriffstern kann er eine Sache besonders gut: Gammelhai. Die Zubereitung des Gammelhais – und was man sonst noch in Island zum Überleben braucht – hat er von seinem Großvater gelernt.

Doch wie gehen er und die anderen Bewohner*innen von Raufarhöfn damit um, als ein Mitglied der Gemeinschaft vermisst und Blutspuren im Schnee gefunden werden? Für Kalmann ist die Anwesenheit eines Eisbären logisch. Als dann noch die Polizei, ein Drogenversteck und eine abgetrennte Hand im Inneren eines Haimagen auftauchen, ist das für Kalman ganz schön viel Trubel – für uns als Leser*innen aber tatsächlich genau richtig.

Kalmann berichtet von den Geschehnissen und deren Verlauf, so wie er sie selbst erlebt und wahrnimmt. Der besondere Erzählstil passt hervorragend zum Protagonisten und bringt die Geschichte in seinem eigenen Tempo voran. Ob er dabei sein ganzes Wissen und alle Gedanken offenbart, findet man besten selbst heraus. 😉

Eine Empfehlung für alle Islandfans und alle, die es werden wollen.

Heike Ossadnik

Krimi-Lesetipp August/September

Karen McManus The CousinsKaren McManus: The Cousins

Drei Cousins. Eine unbekannte Großmutter. Ein dunkles Familiengeheimnis.

Milly, Aubrey und Jonah sind Cousins, haben sich aber seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Auch ihre Eltern, die gemeinsam auf Gul Cove Island aufwuchsen, haben keinen Kontakt mehr zueinander. Diese wurden vor vielen Jahren von ihrer Mutter und Familien-Matriarchin Mildred Margret Story enterbt und von der Insel geschmissen.

" Ihr wisst, was ihr getan habt. Das stand in dem Brief, den meine Großmutter meinem Vater vor Jahren geschickt hat und er hat hartnäckig behauptet, nicht die leiseste Ahnung zu haben, was sie damit gemeint haben könnte."
 

Doch diesen Sommer soll sich alles ändern. Milly, Aubrey und Jonah werden von ihrer Großmutter nach Gul Cove Island eingeladen und ihre Eltern sehen darin die Chance, das Verhältnis zu ihrer Mutter zu kitten (oder vielleicht wollen sie einfach nur wieder an das millionenschwere Erbe kommen?). Auf der Insel angekommen, merken die drei Cousins recht schnell, dass das Familiengeheimnis sehr viel größer und dunkler ist als gedacht. Auch das Verhalten von Mildred Story wirft immer mehr Fragen auf…

Am Anfang lernen wir die drei Cousins näher kennen und schon da kommen viele Fragen auf. Sobald die drei dann Gul Cove Island betreten, nehmen die Ereignisse Fahrt auf. Mehrmals gibt es unerwartete Wendungen und es bleibt lange unklar, wo die Autorin uns hinführen möchte. Die Charaktere sind vielschichtig angelegt und gut ausgearbeitet. Man weiß nie so recht, wem man vertrauen und Glauben schenken kann. Im großen Finale wurde ich dann auch nochmal überrascht.

Auch in der Franken-Onleihe als E-Book vorhanden!

Yvonne Reinhardt

Krimi-Lesetipp Februar/März

Britta Habekost Stadt der MörderBritta Habekost: Stadt der Mörder

Ein historischer Kriminalroman, angesiedelt im Paris der Surrealisten.

"Sagen wir es geradeherausDas Wunderbare ist immer schön, gleich, welches Wunderbare schön ist, es ist sogar nur das Wunderbare schön."  (André Breton)

Paris 1924. Eine grausam zugerichtete Leiche wird an der Place du Panthéon gefunden. Julien Vioric, ein kriegsversehrter Lieutenant und Bruder des hiesigen Polizeichefs, ermittelt in diesem Gewaltverbrechen, dem Mord an einem jungen Adligen. Vioric schleppt nach dem Krieg seine eigenen Dämonen mit sich herum. Er trifft bei den Ermittlungen unter anderem auf Lysanne. Die junge Frau aus der Provinz sucht in Paris nach ihrer verschollenen Schwester. Handelt es sich bei der verschwundenen Gouvernante des jungen Mannes um Lysannes Schwester? Vioric begibt sich auf die Suche nach dem Mörder. Er vermutet ihn alsbald in der Gruppe der Surrealisten, die sich um André Breton scharen. Auch Lysanne trifft auf ihren Spaziergängen durch Paris auf diese Clique und kann sich ihrer Faszination nicht erwehren. Ein weiterer bestialischer Mord geschieht. Dienen Isidore Ducasses "Die Gesänge des Maldoror" als grausame Vorlage?

"Aragon deutete auf den frostig schimmernden Boulevard hinaus. "Sieh dich doch um. Was denkst du denn, was für Menschen von diesem Weltenbrand zurückgekehrt sind? Ich weiß, dass uns die Regierung einreden will, dass wir so weitermachen können wie vor dem Krieg, aber das ist eine Vergewaltigung der Wahrheit." Aragon starrte gegen die nächtlich schwarze Fensterscheibe. Mit einem Male war er nicht mehr dieser unbeschwerte, zufallsbejahende Großstadtkünstler. Lysanne sah Dinge in seinen Pupillen schimmern, die er, nein, die sie alle so niemals hätten erleben dürfen."

Britta Habekost ist studierte Kunsthistorikerin und liebt die Surrealisten. Das merkt man deutlich. Denn diese begegnen der Leserschaft auf Schritt und Tritt und bescheren ein köstliches Lesevergnügen. André Breton, Louis Aragon, Paul Éluard, Robert Desnos, Philippe Soupault, auch Man Ray, um nur die Bekanntesten zu nennen. Durch sie werden uns Lebensgefühl, Gedanken und Vorstellungen der Surrealisten nähergebracht, die es sich nach Ende des ersten Weltkriegs zum Ziel gemacht haben, die Welt und das Leben zu verändern. Dennoch kommt die Krimihandlung nicht zu kurz. Darüberhinaus fesseln die Beschreibungen des historischen Paris.

Britta Habekost ist mit "Stadt der Mörder" ein spannender und atmosphärischer Kriminalroman gelungen, der nicht nur Kultur- und Kunstinteressierte ansprechen wird. Ein zweiter Band soll bald erscheinen und darauf freue ich mich jetzt schon!


Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp Dezember/Januar

Tom Hillenbrand MontecryptoTom Hillenbrand: Montecrypto

 

Hillenbrand studierte Europapolitik und war Ressortleiter von SPIEGEL ONLINE. Seine Krimis um den Luxemburger Koch Xavier Kieffer, in denen er aktuelle Missstände anprangert, sind Bestseller. Seine Sciencefiction-Romane Drohnenland und Hologrammatica wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

 

Mit Montecrypto, seinem bisher originellsten Buch, zeigt Hillenbrand ein erstaunliches Gespür für den Zeitgeist. Er verknüpft eines der aktuellsten Themen der Gegenwart, die Kryptowährungen mit der literarischen Vorlage des Rachefeldzuges des Grafen von Montecristo. Dieser setzte seinen riesigen Schatz ein, um seine früheren Gegner zu vernichten.

Der englische Privatdetektiv Ed Dante wird von Jaqueline Martel engagiert, nachdem ihr Stiefbruder Gregory Hollister mit seiner Cessna abgestürzt ist. Hollister, ein paranoider Kryptopionier und Gründer des erfolgreichen Bezahlunternehmens Juno, soll seinen milliardenschweren digitalen Schatz gut versteckt haben. Dante erhält den Auftrag, diesen Schatz aufzuspüren und entdeckt bald, dass nicht nur private Schatzsucher, sondern auch ausländische Geheimdienste, das FBI und die Mafia hinter dem Schatz her sind.

Bei seinen Ermittlungen hilft ihm die Journalistin und Bloggerin Mercy Mondego, die dem digital unerfahrenen Detektiv und auch dem Leser die Welt der Internet-Community, der Krypto-Subkultur und die binäre Finanzwelt näherbringt. Mit diesem Kunstgriff berücksichtigt der Autor auch Leser, die sich bisher nicht mit Bot-Netzwerken, Klickfarmen und anderen Internetphänomenen beschäftigt haben. Er versteht es, sie locker und sehr unterhaltsam in die neue Materie einzuführen.

Als Videos von Hollister im Netz auftauchen, in denen er eine Schatzsuche anbietet, kommt es zu einer Massenhysterie im Netz.

Eine weltweite Suche beginnt. Diese führt Dante und Mondego schließlich nach Zug, dem Crypto Valley der Schweiz. Dante ist den Suchern meist einen Schritt voraus. Er ahnt aber bald, dass Hollisters Erbe mehr sein muss als ein digitaler Schatz. Möglicherweise ist Montecrypto der Schlüssel zu einem immensen Finanzskandal. In Acapulco entdecken die beiden schließlich ein gigantisches Komplott, das die gesamte Weltwirtschaft zerstören könnte. 

Die Geschichte endet in einem dramatischen Finale.

 

Hillenbrand ist mit Montecrypto ein gut recherchierter, enorm spannender und kurzweiliger Wirtschaftsthriller gelungen, der gekonnt einen Einblick in das undurchsichtige Geschäft mit Kryptowährungen gibt.

 

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp Oktober/November

Louise Penny Der vermisste WeihnachtsgastLouise Penny: Der vermisste Weihnachtsgast

„„Legen Sie sich doch selbst eine Ente zu“, sagte Ruth und drückte Rosa etwas fester an sich. Ein lebendes Daunenkissen.“

Constance Pineault ist zu Besuch bei Myrna, der Buchhändlerin und Psychotherapeutin. Myrna ist fester Bestandteil der Gemeinde Three Pines, einem kleinen Dorf in den Eastern Townships im südöstlichen Teil Québecs. Genau wie Ruth, die verrückte alte Dichterin, die stets mit ihrer Ente Rosa im Arm herumläuft. Clara, die immer ein bisschen chaotische, aber liebenswerte Künstlerin und Gabri und Olivier, das schwule Pärchen, das das hiesige Bistro und Hotel führt. Constance fährt vor Weihnachten nochmals kurz nach Hause und kehrt nicht wieder. Myrna bittet Chief Superintendent Armand Gamache um Hilfe, Chef der Sûrete du Québec, der Constance in ihrem Haus in Montreal findet. Erschlagen.

Gamache hat eigentlich ganz andere Probleme. Sein Chef Sylvain Francoeur will ihn unbedingt loswerden (warum, werden wir noch erfahren) und einer seiner besten Mitarbeiter, Jean-Guy Beauvoir, ist nach einem missglückten Einsatz medikamentenabhängig und von Francoeur versetzt worden. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen übernimmt er den Fall nur zu gerne. Seit vielen Jahren ist er Three Pines und seinen skurrilen wie liebenswerten Bewohnern freundschaftlich verbunden. Schnell findet er heraus, dass Constance gar nicht die war, für die sie sich ausgab. Vielmehr war sie eine der berühmtesten Frauen des Landes und genau diese Vergangenheit hat zu ihrem gewaltsamen Tod geführt. Gleichzeitig nimmt die Situation in Montréal immer mehr Fahrt auf. Francoeur hat einen perfiden Plan, mit dem er Gamache zum Rücktritt zwingen will.

„Er hatte bei anderen gesehen, wohin es führte, wenn man seine Weggefährten nicht klug auswählte. Ein etwas unmoralischer Mensch war ein Problem. Zwei zusammen waren eine Katastrophe. Eine schicksalhafte Begegnung reichte. Ein Mensch, der einem erklärte, die niedrigsten Begierden, die man hatte, die niederträchtigsten Gedanken, seien gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, er teile sie. Dann wurde das Undenkbare gedacht. Und geplant. Und in die Tat umgesetzt.“

Louise Penny hat mit Three Pines einen wunderbaren Ort erfunden. Der erste Band mit Armand Gamache erschien 2005, auf Deutsch 2006 unter dem Titel „Denn alle tragen Schuld“. Ein paar Bände erschienen damals, aber leider wurde die Reihe nicht weiter übersetzt. 2018 nahm sich der Kampa-Verlag der Reihe an und seitdem erschienen die ersten zehn Bände sowie die neueren Bände 13 und 14.

Penny schreibt nicht einfach nur Krimis. Sie schreibt über Menschen und ihre Gedanken, Sehnsüchte, Gefühle. Über Zwischenmenschliches, Liebevolles und Häßliches. Das macht ihre Kriminalromane zu einer intelligenten wie spannenden Lektüre, die zudem auch noch mit humorvollen Dialogen punktet. Sie selbst sagt über Three Pines:

„Three Pines ist eine Allegorie, es steht für Güte. In Three Pines sind wir immer dann, wenn wir Zurückhaltung üben, statt alles gleich zu kritisieren, wenn wir durchatmen, das Gute sehen, vielleicht auch Freundliches sagen, statt überall nur Fehler zu suchen. Das ist Three Pines. Dort möchte ich leben.“

Ich auch. Besuchen auch Sie Three Pines. Es lohnt sich.

Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp August/September

Jan Beinßen: Die kopflose BrautJan Beinßen: Die kopflose Braut

In seinem fünfzehnten Fall ermittelt Hobbydetektiv Paul Flemming wieder vor Nürnbergs historischer Kulisse und taucht in längst vergangene Zeiten ein.

Hochzeit auf der Nürnberger Kaiserburg, anschließendes Fotoshooting im Burggarten – Romantik pur! Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Braut kopflos aufgefunden wird. Paul Flemming, der eigentlich als Fotograf für den schönsten Tag im Leben engagiert wurde, ist live dabei.

Als die Oberkommissarin Jasmin Stahl sich diesem Fall annimmt, der nicht der erste dieser Art mit einem hinterlassenen Hinweis “Hochachtungsvoll, Ihr ergebener Franz Schmidt” an der Leiche ist, beginnt auch Flemming mit seinen Ermittlungen. Er folgt Spuren von der Südstadt über den Kornmarkt bis zum Henkerhaus. Denn der ominöse Franz Schmidt ist kein Unbekannter in der Nürnberger Geschichte, sondern der bekannteste Scharfrichter Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts in der Reichsstadt. Doch wer verübte tatsächlich die heutigen Morde und hinterließ dabei seine Visitenkarte?

Ein Kriminalfall, der in beliebte Gegenden Nürnbergs führt und das Interesse am Henkerhaus am Trödelmarkt, welches heute ein Museum beherbergt, weckt. Es bereitet große Freude, altbekannte Schauplätze wiederzuerkennen und mit Paul Flemming am Weinmarkt an einem Wettbewerb, bei dem die besten Baggers-Kreationen gekürt werden sollen, teilzunehmen. Denn welche*r Fränkin/Franke würde dazu schon nein sagen?

Ein genussvoller Franken-Krimi von Jan Beinßen!

Heike Ossadnik

Krimi-Lesetipp Juni/Juli

Eva Garcia Sáenz: Die Herren der ZeitEva Garcia Sáenz: Die Stille des Todes - Das Ritual des Wassers – Die Herren der Zeit

 

Eva Garcia Sáenz hat mit ihrem Debüt „Die Stille des Todes“ einen großartigen Auftakt zu einer neuen hochspannenden und gut durchdachten Krimi-Trilogie geliefert. Auch die beiden nicht weniger fesselnden Folgebände „Das Ritual des Wassers“ und „Die Herren der Zeit“ sind mittlerweile erschienen und haben die ersten Plätze der spanischen Bestsellerlisten erobert.

Schauplatz aller drei Bände ist Vitoria im Baskenland. Hauptfigur ist Inspector Unai Lopez de Ayala, genannt Kraken, Profilingexperte der Kriminalpolizei von Vitoria, der in Ich-Form die Geschichte erzählt.

Bereits der Einstieg in den ersten Band ist originell und drastisch: Kraken liegt, nachdem er seinen Fall geklärt hat, als letztes Opfer eines Serienmörders mit einer Kugel im Kopf im Krankenhaus. Rückblickend rollt Kraken seinen letzten Fall auf: Ein junges Paar wurde in der Kathedrale gefunden, nackt, tot, die Hände jeweils auf der Wange des anderen.  Obwohl gleich alt, kannten sich die beiden nicht. Dieser Fall gleicht exakt einer Serie von Verbrechen vor fast 20 Jahren, für die damals Tasio de Ortiz, ein bekannter Archäologe der Stadt, verurteilt wurde. Wurde damals ein Unschuldiger bestraft? Nachdem wieder ein ermordetes Paar gefunden wird, bietet der Inhaftierte Kraken und seiner Kollegin Insectora Gauna seine Mithilfe an. Doch Kraken traut der Sache nicht.

Die Geschichte ist spannend und rasant erzählt, modern und düster zugleich und voller unerwarteter Wendungen. Mit Kraken und seiner Kollegin Inspectora Gauna hat Eva Garcia Sáenz zwei junge, sympathische Charaktere geschaffen, die in ihren Cliquen und Familien verwurzelt sind.  Die Autorin selbst stammt aus Vitoria und so zeichnen sich alle drei Bände durch eine atmosphärisch dichte Beschreibung der Stadt und des Alltags im Baskenland aus.

Der 2. Band, „Das Ritual des Wassers“ schließt zeitlich direkt an den ersten Band an und steht dem ersten Band, was Spannung und Tempo betrifft, in nichts nach.

Der 3. Band, „Die Herren der Zeit“, ist der Abschlussband der Reihe und ein echter Thriller! Wieder wird die baskische Stadt Vitoria von einer Serie von Morden erschüttert, die grausamen mittelalterlichen Ritualen folgen. Inspector Ayala findet heraus, dass „Die Herren der Zeit“, ein geheimnisvoller Roman aus dem Mittelalter, die Vorlage für diese Morde zu liefern scheint. Doch auch Krakens eigene Vergangenheit ist darin verwickelt und so wird dieser Fall lebensgefährlich nicht nur für Kraken, sondern auch für seine Familie.

Eva Garcia Sáenz verwebt kunstvoll und raffiniert die historische Handlung des Buches mit dem Erzählstrang der Gegenwart. Sie wechselt souverän zwischen den beiden Welten und vermag es geschickt, uns bis zur letzten Seite zu fesseln.

Alle drei Bände sind in der Bibliothek als Hörbuch, als Buch und als E-Book vorhanden. Es empfiehlt sich, mit Band 1 zu beginnen, die Folgebände bauen darauf auf.

 

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp April/Mai

Doug Johnstone Der BruchDoug Johnstone: Der Bruch

Edinburgh. Tyler (17) lebt mit seiner drogen- und alkoholabhängigen Mutter Angela und seiner kleinen Halbschwester Bethany, genannt „Bean“, in Niddrie, einem sozialen Brennpunkt. Er versucht, Bean ein einigermaßen geregeltes Leben zu ermöglichen, begleitet sie in die Schule, erzählt ihr Gute-Nacht-Geschichten und tut alles, um sie vor den älteren Halbgeschwistern zu schützen. Der psychopathische Barry und die von ihm abhängige Kelly führen in der Nachbarwohnung eine inzestuöse Beziehung, taumeln von einem Drogenrausch in den anderen und „verdienen“ ihren Lebensunterhalt mit nächtlichen Einbrüchen in den reicheren Gegenden Edinburghs. Tyler muss sie auf diesen Touren begleiten, sich auf Grund seiner schmächtigen Statur durch kleine Fenster zwängen, um die anderen ins Haus zu lassen. Er tut das mit wachsendem Widerwillen, einzig und allein in dem Wissen, dass sonst Bean dafür herhalten muss.

Bei einem "Bruch" steigen die Geschwister unwissentlich in das Haus des hiesigen Gangsterbosses Deke Holt ein, verletzen seine Frau lebensgefährlich und können mit der Beute fliehen. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Tyler steht zwischen allen Stühlen. Die Polizei setzt ihn unter Druck, sein Bruder ebenso, ganz zu schweigen von der Familie Holt, die eine hohe Belohnung für Hinweise aussetzt und sich selbst auf die Jagd nach den Tätern begibt.

In all dem Chaos lernt Tyler bei einem seiner nächtlichen „Spaziergänge“ ein gleichaltriges Mädchen kennen. Felicity, genannt „Flick“, lebt in einem Internat in Edinburgh und hat keine finanziellen Sorgen, ist aber zutiefst einsam und unglücklich und sehnt sich nach menschlicher Nähe. Die beiden ungleichen Jugendlichen kommen sich näher und helfen sich gegenseitig, während die Geschichte auf einen blutigen Höhepunkt zusteuert.

"Craigmillar?" "Niddrie."
Diese beiden Namen trugen so viel Bedeutung, transportierten einen ziemlichen Ruf. Die härtesten sozialen Brennpunkte der Stadt, auf einer Stufe mit den übelsten Stadtteilen des Landes, Synonyme für Armut, Kriminalität, Drogen und den ganzen Rest. Jedes Klischee von sozialer Verwahrlosung passte hier, und er verkörperte das alles. Er fühlte sich schmutzig in diesem sauberen Auto, fast als würde er schon allein durch seine Anwesenheit Flicks makelloses Leben beschmutzen. Er stellte sich vor, wie er auf sie wirken musste, und fühlte sich gleich mies.

Dieser Roman hat mich stellenweise an Liz Moores „Long Bright River“ erinnert. Auch hier das Bild einer dysfunktionalen Familie, zerrüttete Verhältnisse, Drogen, soziales Elend in der Unterschicht. Tyler hat einen hohen Moralkodex, hinterfragt sein eigenes Tun, stellt seine Wünsche hintenan, geprägt von dem Willen, seine kleine Schwester zu beschützen. Die zarte Liebesgeschichte zwischen ihm und Flick ist ein Hoffnungsschimmer in dieser heruntergekommenen Welt und dann ist da noch Bean, der alle Herzen zufliegen.

Ein emotionaler Pageturner mit unglaublich starken, liebenswerten Charakteren. Dieser empfehlenswerte Roman stand 2019 auf der Shortlist für den McIlvanny-Preis als bester schottischer Kriminalroman des Jahres und ist im Februar 2021 direkt auf der Krimibestenliste eingestiegen. Hoffentlich verlegt der Polarverlag noch mehr von Doug Johnstones Romanen, denn ihm sind viele Fans zu wünschen.

Im englischen Original als Buch und als E-Book vorhanden.

 

Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp Februar/März

Theobald Fuchs: Der zweite KrautwickelTheobald O. J. Fuchs: Der zweite Krautwickel
 

Der dritte Franken-Krimi „Der zweite Krautwickel“ von Theobald Fuchs beginnt mit einem Zugunglück. Ein super Einstieg, wenn man gerade selbst in einem Zug sitzt …

Bernd F. steht in seinem Garten in Burgthann, als der vorbeifahrende ICE nach Wien entgleist und Heinz Krautwickel aus dem Zug geschleudert wird. Kopflos, unweit von Bernd F. entfernt. Dieser ergreift die Chance, sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen und nimmt Krautwickels Identität an.

Dabei schlüpft er anfangs unbemerkt im zweiten Stock der Gostenhofer Wohnung des ersten Krautwickels unter und versucht möglichst unauffällig dort anzuknüpfen, wo dieser aufgehört hat. Es wird aber schnell klar, dass hier einiges nicht ganz mit legalen Dingen zugeht. Deshalb versucht der zweite Krautwickel neben aller Vorsicht und Beobachtungsgabe gegenüber seinen Nachbarn und der Polizei, das Nürnberger Nachtleben im Jahr 2007 zu erkunden, um mehr über seinen Vorgänger und dessen Umfeld zu erfahren. Denn den Grund für eine nicht versiegende Geldquelle, die monatlich in einem unbeschrifteten Umschlag unter seiner Tür durchgeschoben wird, bleibt bisher ein Rätsel.

Über die Gostenhofer Szene und Umgebung zu lesen, ist ein wahres Fest. Vor allem, wenn man den beschriebenen Lokalitäten selbst schon den ein oder anderen Besuch abgestattet hat und die Gegend kennt.

Und so laufe ich Wochen, nachdem ich die Geschichte von Bernd F. aka Der zweite Krautwickel gelesen habe, mit einer Freundin nach einem Stopp bei einer beliebten, regionalen Kaffeerösterei durch die Straßen Gostenhofs. Direkt an der beschriebenen Adresse Krautwickels vorbei und erwische mich bei dem Gedanken, wer uns wohl gerade aus dem zweiten Stock beobachtet.

Heike Ossadnik

Krimi-Lesetipp Januar

Nicci French, Eine bittere WahrheitNicci French: Eine bittere Wahrheit

„Das Geschrei begann um drei Uhr morgens.“

Ein Satz, der neugierig macht, auch ein bisschen befremdet. Wir merken schnell, wir befinden uns im Gefängnis, genauer gesagt, in Untersuchungshaft. Tabitha ist eine depressive, verwirrte junge Frau, die des Mordes beschuldigt wird. Des Mordes an ihrem früheren Lehrer Stuart Rees, der sie als Jugendliche mehrfach missbraucht hat. Erst seit kurzem lebt sie wieder in dem kleinen idyllischen Dorf am Meer, in dem sie ihre Kindheit verbrachte.

Sie hat definitiv ein Motiv, aber sie erinnert sich nicht nur nicht an die Tat, sondern ist sich auch absolut sicher, dass sie den Mann nicht umgebracht hat. Ihre Pflichtanwältin glaubt ihr nicht, rät ihr vielmehr zu einem Geständnis, um mit der Staatsanwaltschaft einen Deal zu machen. Dies kommt für Tabitha nicht in Frage, sie beschließt sich selbst zu verteidigen.

In den ersten Wochen hat sie vollauf damit zu tun, sich an den Tagesablauf und die Lebensbedingungen im Gefängnis zu gewöhnen. Wider Erwarten bekommt sie von einzelnen Personen Unterstützung, Freundschaft will sie es nicht nennen. Als Angeklagte, die sich selbst verteidigt, erhält sie Zugang zu den Beweismitteln und der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Sie bittet die Menschen des kleinen Orts als Besucher*innen ins Gefängnis, um sie interviewen und Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Sie kommen fast alle und das aus den unterschiedlichsten Beweggründen.

Wie Tabitha aus der Haft heraus versucht, die Tatumstände zu ermitteln und den Tag des Mordes wie ein Puzzle zusammenzusetzen, ist ungemein spannend. Immer wieder wird sie von Selbstzweifeln geplagt, wechseln sich vorsichtiger Optimismus und totale Verzweiflung miteinander ab.

Der Roman ist in vier Abschnitte unterteilt: Drinnen, die Anklage, die Verteidigung, Draußen. Vor allem die Abschnitte, die im Gerichtssaal spielen, sind ein absoluter Pageturner mit überraschenden Wendungen.

Nicci French, das ist das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Ihre Psychothriller landen meist auf den Bestsellerlisten, am bekanntesten ist sicher die Frieda-Klein-Reihe. Ihre Stand-alone-Thriller müssen den Vergleich nicht scheuen.

Absolute Leseempfehlung!

Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp Dezember

Marco Hasenkopf: Köln 300°CMarco Hasenkopf: Köln 300°C

Marco Hasenkopf hat einen rasanten und wendungsreichen Polit-Thriller geschrieben, der von der ersten Seite an fesselt.

Eine Serie von Brandanschlägen hält Köln in Atem. Judith Mertin, eine junge kampfsportbegeisterte Deutsch-Kongolesin, deren Hitzköpfigkeit sie bereits mehrmals in Schwierigkeiten gebracht hat und ihr cholerischer und Burnout-gefährdeter Kollege Kaiser bilden ein ungleiches, hochexplosives Ermittlerduo. Bei einem Brandanschlag stirbt ein leitender Angestellter aus dem Mobilfunksektor.
Anfangs verlaufen die Ermittlungen stockend, denn die beiden Ermittler müssen sich buchstäblich erst zusammenraufen. Nach einem weiteren Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim, bei dem ein Kongolese stirbt, stößt Judith auf das seltene Coltan-Erz, auch als „Blutmineral“ bekannt, das hauptsächlich im Kongo unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut wird. Mittlerweile ist es unverzichtbar in der Telekommunikations- und Medizintechnik. Mertin und Kaiser folgen der Spur des Coltan, doch erst als ein weiterer Anschlag auf eine Telekommunikationsmesse verübt wird, bekommt der Fall die entscheidende Wendung.
Mehrere Übergriffe rechtsextremer Jugendliche auf Judith Mertin und die häufige Abwesenheit und das merkwürdige Verhalten ihres Partners Kaiser deuten auf latenten Rechtsextremismus unter Polizeikollegen. Folglich weiß Judith nicht mehr, wem sie noch vertrauen kann und wagt riskante Alleingänge, die sie beinahe das Leben kosten.

Fazit: Ein schlüssig aufgebauter Krimi, ungeheuer spannend, der nachdenklich macht.
Auch in der Franken-Onleihe vorhanden.

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp Oktober/November

Gil Ribeiro: Schwarzer AugustGil Ribeiro: Schwarzer August

Gibt es einen Krimi, der spannend ist, interessante Charaktere entwickelt, aktuelle Themen aufnimmt und auch noch gute Laune macht? Der liebevoll und mit Humor das Leben der einfachen Menschen an der Ostalgarve schildert, Missstände gekonnt aufgreift, um dann die originelle Handlung in einem spannenden Plot zum großen Show-down zu führen?  All dies ist Gil Ribeiro in seinem vierten Band der Leander-Lost-Reihe: Schwarzer August vortrefflich gelungen.

Mehrere Bomben explodieren an der Algarve, doch der Täter legt es darauf an, niemanden zu verletzen. Er will Missstände anprangern und nimmt mit verschlüsselten Botschaften Kontakt zu der Polizei in Faro auf.

Dabei hat er nicht mit Leander Lost gerechnet, dem scharfsinnigen deutschen Ermittler mit Asperger-Syndrom, der im Rahmen eines Austauschprogramms nach Fuseta kam und nach anfänglichen Schwierigkeiten mittlerweile dort geliebt und geschätzt wird. Lost erkennt, dass es sich bei der verschlüsselten Botschaft um ein Palindrom handelt und schafft es, die Motive des Bombenlegers zu entschlüsseln.

Im vierten Band der Leander-Lost-Reihe tritt Lost anfangs etwas in den Hintergrund, sodass der Leser seine charmanten und spleenigen Kollegen Graciana, Carlos und Duarte näher kennenlernt.

Schwarzer August ist der bisher umfangreichste und beste Titel der Reihe. Einen besonderen Reiz erhält dieses locker geschriebene Buch dadurch, dass ein aktuelles und brisantes Thema im Mittelpunkt steht, nämlich das „Goldene Visum“, das mittlerweile in Portugal sehr umstritten ist, da es durch Immobilienkäufe dubioser ausländischer Investoren Korruption und Geldwäsche begünstigt und Kriminellen ein Einfallstor in den Schengen-Raum bietet.

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp August/September

Jane Harper: HitzeJane Harper: The Dry

„The Dry“ (im Taschenbuch unter dem Titel "Hitze" erschienen) ist das erste Buch der australischen Journalistin Jane Harper und gewann auf Anhieb mehrere internationale Preise.

Die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten macht den Menschen im australischen Outback sehr zu schaffen. Das Vieh der Farmer stirbt, die Menschen fürchten um ihre Existenz und leiden unter der brütenden Hitze.

Aaron Falk, Polizist aus Melbourne, kommt zur Beerdigung seines Jugendfreundes Luke nach 20 Jahren zurück in seine Heimatstadt. Er war damals geflüchtet, nachdem man ihm den Mord an seiner Mitschülerin Ellies anhängen wollte. Nun hat Luke offensichtlich seine Frau, den gemeinsamen Sohn und dann sich selbst erschossen. Aaron, der die Todesfälle Lukes Eltern zuliebe zusammen mit dem neu zugezogenen Sergeant Raco untersuchen möchte, schlägt sofort wieder das alte Misstrauen und die Feindseligkeit der Einwohner entgegen. 

Die Geschichte wird nüchtern in ruhigen Sätzen erzählt. Trotz des etwas trägen Erzählstils, der die bleierne Hitze wirkungsvolll unterstreicht, ist man schon nach wenigen Seiten von der Handlung gefangen und die Spannung hält bis zur letzten Seite an. Kunstvoll verwebt Harper die Ereignisse der Vergangenheit, die in kursiver Schrift gedruckt sind mit dem aktuellen Geschehen. Jeder Charakter ist authentisch und sorgsam entwickelt, die Geschichte so dicht gewebt und unwiderstehlich, dass sich am Ende die Fakten wie Puzzleteile zu einem stimmigen Ende fügen.

Jane Harpers Spannungsroman ist vielschichtig, neben den Verbrechen geht es auch um Heimat, Freundschaft, Vergebung und um die Strapazen, denen die Menschen in der fürchterlichen Hitze Australiens ausgesetzt sind.

Harpers Erzählstil ist außergewöhnlich gut. Man spürt beim Lesen förmlich die gleißende Hitze des Outback, schmeckt den Staub und blinzelt gegen die flirrende Hitze. Ihre Sätze sind von einer mutigen Sachlichkeit, präzise gesetzt und ein Genuss zu lesen.

Sehr erfreulich ist, dass bereits der zweite Band mit dem sympathischen Aaron Falk erschienen ist sowie ein dritter, unabhängiger Thriller. Sie sind in der Bibliothek in Deutsch und Englisch vorhanden und ebenfalls uneingeschränkt zu empfehlen.

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp Juli

Sara Paretsky, AltlastenSara Paretsky: Altlasten

Victoria Iphigenia Warshawski, kurz V. I. oder Vic Warshawski ist Privatdetektivin in Chicago. Das erste Mal begegnete ich ihr 1986, als mit „Schadenersatz“ Sara Paretskys erster Band der Reihe auf Deutsch erschien. Bis dahin gab es schlicht keine toughen Detektivinnen à la Philip Marlowe und zudem ist Warshawski Feministin durch und durch. Das war eine Erleuchtung und ich verschlang alle Folgebände, die bis 2011 in schöner Regelmäßigkeit erschienen. Dann war auf einmal Funkstille, bis 2018 der kleine, aber feine Ariadne-Verlag beschloss, Altmeisterin Sara Paretsky (geb. 1947) in Deutschland wieder eine Bühne zu geben. „Kritische Masse“ ist ein genialer Kriminalroman mit historischen und wissenschaftlichen Aspekten, der direkt auf der Krimibestenliste landete.

Und nun also „Altlasten“, im Original „Fallout“, bereits 2016 geschrieben und 2017 erschienen. Das ist vor allem deshalb frappierend, weil die Themen dieses Krimis auch derzeit hochaktuell sind.
Ein junger schwarzer Filmemacher ist verschwunden und mit ihm eine ältere Filmschauspielerin, deren Leben er verfilmen sollte. Seine Wohnung und sein Arbeitsplatz sind verwüstet und V. I. Warshawski bekommt den Auftrag, ihn zu suchen. Dies führt sie nach Lawrence, Kansas und dort sticht sie direkt in ein Wespennest. Ganz offensichtlich haben einige offizielle Stellen etwas dagegen, dass Warshawski in den „Altlasten“ ermittelt und es sieht so aus, als stecke nicht nur der örtliche Sheriff, sondern auch das Militär (Stichwort „Kalter Krieg“), diverse Wissenschaftler und „durchgeknallte US-Patrioten“ dahinter. Verschwörungstheorien und tückische Krankheitserreger machen die Ermittlungen nicht einfacher. Das Hauptthema in diesem Roman ist aber der Rassismus, der die amerikanische Gesellschaft durchzieht und trennt und den Paretsky mit vielen kleinen und großen Begebenheiten schildert.
""Diese Stadt gärt förmlich vor Geheimnissen", sagte ich zu Peppy, sobald wir wieder unter uns waren. Golden Retriever sind so ehrlich und vertrauensvoll, dass man es ihnen erklären muss, wenn man was ironisch gemeint hat."
Fans der Serie werden sich freuen, dass „Peppy“, Vics Golden-Retriever-Hündin, auch in Kansas mit von der Partie ist, genau wie Dr. Lotty Herschel, ihre Freundin aus Chicago, deren ärztliche Expertise nicht unwillkommen ist.

„Altlasten“ führt im Juni 2020 die Krimibestenliste an und das völlig zu Recht. Ich hoffe auf weitere Neuerscheinungen im Ariadne-Verlag und würde mich auch sehr freuen, die alten Bände dort in Neuausgaben zu sehen.

Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp Juni

Adrian McKinty Cold WaterMacKinty, Adrian: Cold Water: Sean Duffys letzter Fall

MacKintys brilliante Sean-Duffy-Reihe beginnt im Belfast der explosiven 80er Jahre, die in Nordirland geprägt waren durch einen brutalen Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten, den Troubles.

Belfast ist im Ausnahmezustand. Detektive Sergeant Sean Duffy, neu in der Stadt, kämpft an allen Fronten. Als wahrscheinlich einziger katholische Bulle in Nordirland, muss er sich nicht nur mit misstrauischen protestantischen Kollegen auseinandersetzen, sondern sich auch als einziger Katholik in seiner protestantischen Vorstadtsiedlung Respekt verschaffen. Auch bei seinen Ermittlungen gerät er unweigerlich zwischen die Fronten von IRA und Protestanten. Und dies macht genau den Reiz der Buchreihe aus: Als Leser wird man in die Zeit der Troubles zurückversetzt, bangt mit Duffy, der vor jeder Autofahrt erst den Boden seines Wagens inspizieren muss und -unvergleichlich beschrieben – bei aller Routine eine Bombe beinahe übersehen hätte.

Intelligent, eigensinnig und unbestechlich ermittelt Duffy in den Wirren des Nordirlandkonflikts und vermittelt uns einen sehr lebhaften Eindruck vom Alltagsleben im Pulverfass Nordirland:

Der Terror im Alltag jeder irischen Familie, die hohe Sterblichkeitsrate der Polizisten im Dienst, Korruption, englische Machtpolitik, Besuche von Margarete Thatcher und Muhammad Ali, die Hintergründe des Aufschwungs 1987, als Irland sich zu einem Zentrum der Mobilfunk- und Computerindustrie entwickelte - virtuos und mit subtilem Humor verwebt MacKinty irische Geschichte und Kriminalfall in jedem einzelnen Buch dieser außergewöhnlichen Reihe. Die sieben Bände lassen sich auch unabhängig voneinander lesen.

In „Cold Water“, dem Abschlussband der Reihe, will Duffy aus dem aktiven Dienst ausscheiden, um als Reservist und Sonderermittler mit Frau und Kind ins friedliche Schottland zu ziehen. Allerdings ist da noch ein letzter Fall um ein verschwundenes Travellermädchen, der ihn nicht loslässt. Gewohnt eigensinnig und beharrlich ermittelt Duffy, um seinen letzten Fall abzuschließen zu können.

Christine Lenhart

Krimi-Lesetipp Mai

Thomas Ziebula, Der rote JudasThomas Ziebula: Der rote Judas

Leipzig 1920. Kriegsheimkehrer Major Stainer meldet sich in der "Wächterburg", Leipzigs Polizeipräsidium, zum Dienst zurück und wird wegen des Mangels an Personal direkt vom Kommissar zum Kriminalinspektor befördert. Von Kriegstrauma, Flashbacks und Gedächtnislücken geplagt, muss er sich mit mehreren Morden befassen, die wohl zusammenhängen. Seine Frau hat sich während des Kriegs einen anderen gesucht und überhaupt muss er sich erst einmal in dieses Nachkriegsleipzig voll politischer Wirren einfinden, in dem Frauen plötzlich Straßenbahn fahren.

„…betrachtete Stainer sein Spiegelbild. „Seit wann sehen Kriminalinspektoren aus wie verkaterte Gespenster?“ fragte er sich selbst. Und gab sich selbst die Antwort: Die Schießerei vor dem Friedhof, die Toten in der Villa, … und dann noch eine Gattin, die sich scheiden lassen wollte - das alles war ein bisschen viel für vier Tage Kriminalistenexistenz; zu viel für einen, der zuvor dreieinhalb Jahre in Kriegsgefangenschaft zugebracht hatte.“

Der Versailler Vertrag ist vor kurzem verabschiedet worden, die Unzufriedenheit unter den Nationalisten ist groß und diese fühlen sich von den Roten, den Linken, verraten. Seine Ermittlungen führen Stainer bald in Richtung einer Verschwörung der Reichswehr („Operation Judas“), die unbedingt verhindern will, dass Einzelheiten eines Massakers in Belgien ans Licht kommen. Bei diesem historisch belegten Massaker von Dinant wurden 674 Zivilisten ermordet.

Dieser erste Band einer Reihe liegt zeitlich zwischen den Wien-Krimis von Alex Beer und der Gereon-Rath-Reihe ("Babylon Berlin") von Volker Kutscher und ist mit seinem in Leipzig angesiedelten Setting nicht nur unverbraucht, sondern auch bestens recherchiert und punktet mit sympathischen Hauptfiguren.
Ein Gewinn! Ich freue mich auf den nächsten Band!

Martina Schwencke

Krimi-Lesetipp April

Michael Connelly Late ShowMichael Connelly: Late Show

Renée Ballard ist Detective in L.A. und arbeitet in der „Late Show“, der Nachtschicht des L.A.P.D. Dorthin wurde sie strafversetzt, nachdem sie einen Vorgesetzten meldete, der sie zuvor sexuell belästigt hatte. Renée ist eine Einzelgängerin mit ebenso hohem Ehrgeiz wie Moralkodex, die die Fälle, die sie morgens abgeben muss, tagsüber heimlich weiterverfolgt.

In „Late Show“ ermittelt sie parallel in mehreren Fällen. Im ersten Fall geht es um Kreditkartenbetrug, im zweiten wird ein Transsexueller halbtot geschlagen, im dritten gibt es eine Schießerei in einem Nachtclub, bei dem fünf Menschen ums Leben kommen.
In letzterem Fall wird ihr ziemlich unmissverständlich klar gemacht, dass sie sich raushalten soll. Nachdem es sich bei dem Chief Detective genau um denjenigen handelt, der sie damals belästigt hatte und dann auch noch ihr früherer Partner bei den Ermittlungen ums Leben kommt, verbeisst sie sich nur noch mehr in den Fall.

Michael Connelly ist vor allem durch seine Krimireihe um den starken Ermittler Harry Bosch bekannt. Nun also eine weibliche Hauptfigur und die ist höchst interessant. Mit hawaiianischen Wurzeln, ohne  ernsthafte soziale Bindungen, die einzigen Familienbande zu ihrer Großmutter Tutu, die zwei Autostunden entfernt wohnt. Renée schläft in ihrem Transporter oder in einem Zelt am Strand, einzig bewacht von Lola, ihrem Hund, den sie aus dem Tierschutz übernommen hat.

In „Late Show“ läuft Connelly wieder zu großer Stärke auf, wenn es um die Schilderung des Polizeialltags geht. Das ist überhaupt nicht langweilig, zumal die hierarchischen Zwänge und der Sexismus im Polizeiapparat von Los Angeles neben den Ermittlungen das Hauptthema sind. Renée Ballard hat dem Nachwort zufolge ein reales Vorbild, die die Inspirationsquelle für die neue Serie war. Wir dürfen uns nämlich auf weitere Bände freuen und dann wird auch Harry Bosch wieder auftauchen.

Martina Schwencke

eBook-Krimi des Monats

Laie Tidhar MarorLavie Tidhar: Maror

2003, ein Attentat in Tel Aviv. 1974, ein totes Mädchen am Strand. Ein packender Polit-Thriller über vier Jahrzehnte in Israel (1974-2008), in dem fiktive wie reale Ereignisse miteinander verknüpft sind. Vergleichbar mit Don Winslows Drogenkartellepos oder James Ellroys Los-Angeles-Quartett.

Krimibestenliste

An jedem ersten Freitag des Monats geben 18 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen. Die Krimibestenliste wird präsentiert von Deutschlandfunk Kultur.

Im April 2024 regieren die Autorinnen. Es gibt eine neue Spitzenreiterin: Louisa Luna mit "Abgetaucht". Auf den zweiten Platz klettert Patricia Melo mit "Die Stadt der Anderen". Danya Kukafka mit "Notizen zu einer Hinrichtung" verteidigt Platz drei. Alle drei Titel sind auch als E-Books in der Franken-Onleihe vorhanden. Viel Spaß beim Lesen!

Deutscher Krimipreis

Die besten Kriminalromane des Jahres 2023

National
1. Platz: Andreas Pflüger: Wie Sterben geht (Suhrkamp)
2. Platz: Monika Geier: Antoniusfeuer (Ariadne/Argument)
3. Platz: Kim Koplin: Die Guten und die Toten (Suhrkamp)

International
1. Platz: James Kestrel: Fünf Winter (Five decembers), deutsch von Stefan Lux (Suhrkamp)
2. Platz: Megan Abbott: Aus der Balance (The turnout)deutsch von Karen Gerwig und Angelika Müller (Pulp Master)
3. Platz: Dennis Lehane: Sekunden der Gnade (Small mercies)deutsch von Malte Krutzsch (Diogenes)

Glauser

Das SYNDIKAT schreibt jedes Jahr Autorenpreise aus, die vom SYNDIKAT e. V., dem Verein zur Förderung deutschsprachiger Kriminalliteratur, gestiftet werden: den GLAUSER in mehreren Kategorien sowie den Ehren-GLAUSER für besondere Verdienste um die deutschsprachige Kriminalliteratur.

Preisträger 2023
Roman: Ellen Dunne: Boom Town Blues (Haymon)
Debütroman: Sybille Ruge: Davenport 160x190 (Suhrkamp)
Kurzkrimi: Christiane Dieckerhoff mit Bescherkind, in: Wichtel, Wunder, Weihnachtsmord (Knaur)
Jugendkrimi: Elisabeth Herrmann: Ravna – Die Tote in den Nachtbergen (cbj)
Kinderkrimi: Oliver Schlick: Rory Shy - Das Rätsel um Schloss Eichhorn (ueberreuter)
Ehren-GLAUSER: Ralf Kramp