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Lesetipp Mai

The ViolenceDelilah Dawson: The Violence

Als ein neuartiges mysteriöses Virus in Amerika um sich greift, sieht die misshandelte Chelsea eine Chance, den Fängen ihres gewalttätigen Ehemanns zu entkommen. Doch dazu muss sie alles auf eine Karte setzen. The Violence von Delilah Dawson ist ein überzeugender Thriller über häusliche Gewalt.

Chelsea Martin führt mit ihrem Mann und den beiden Kindern ein nach außen hin perfektes Vorstadt-Leben. Hinter der Fassade jedoch ist Chelsea gefangen in einem Teufelskreis aus psychischer und physischer Gewalt, finanzieller Abhängigkeit und der Sorge um ihre Töchter. Da bietet ein neuartiges, mysteriöses Virus eine ungeahnte Chance, aus ihrem Gefängnis zu entkommen. Das Violence-Virus lässt Menschen innerhalb eines Lidschlages zu Monstern werden, die wahllos ihre Mitmenschen angreifen und mit bloßen Händen töten. Angst greift um sich. Infizierte werden schnell abtransportiert und verschwinden für unbestimmte Zeit in Quarantäne-Stationen. Daher provoziert Chelsea eines Abends ihren Mann so lange, bis er mit einem Baseballschläger auf sie los geht und ruft die Polizei. Da nach außen alles nach dem Angriff eines Infizierten aussieht kommt ihr Mann in Quarantäne und Chelsea versucht mit ihren Kindern ein neues Leben zu beginnen; ein Leben in einer Welt, die sich radikal von unserer unterscheidet.

Dem Roman steht, völlig zu Recht, eine drastische Triggerwarnung voran. Der häusliche Missbrauch, aber auch die Gewalt, die von den Infizierten ausgeht, wird zum Teil sehr anschaulich beschrieben. Die Geschichte nimmt immer wieder Bezug auf die Corona-Pandemie, die in vielen Familien als Brandbeschleuniger für häusliche Gewalt diente. Durch die Isolierung, gerade zu Beginn der Pandemie, war diese Gewalt aber kaum sichtbar. Die üblichen Anlaufstellen waren geschlossen oder nur durch große Hürden zu erreichen. Der Kontakt zu Familie und Freunden war eingeschränkt. In dieser Situation befinden sich auch zu Beginn der Geschichte Chelsea und ihre Töchter. Die Figuren wirken zunächst klischeehaft, machen im Laufe der Zeit aber eine rasante Entwicklung durch und lassen sich, den Fängen des Ehemanns und Vaters entkommen, von nichts mehr unterkriegen.
Wer die Gewalt nicht scheut, findet hier einen ergreifenden und herzzerreißenden Thriller, der unter die Haut geht und lange nachhallt.

Stefanie Erben
 

Lesetipp April

Und täglich grüßt der ErzdämonI. B. Zimmermann: Und täglich grüßt der Erzdämon

Was wäre wenn es ein Museum für mythologische und verfluchte Objekte gäbe? Dann bräuchte man bestimmt eine Hexe, einen Vampir und einen Werwolf als Nachtwächter. Und ein Dämon mischt auch noch mit.

Mona ist eine Hexe. Zusammen mit dem polyamourösen Vampir Boris und dem verschmusten Werwolf Ben arbeitet sie als Nachtwächterin im „Mythohistorischen Museum Frankfurt am Main“. Als sich Einbrecher an der verfluchten Mumie in der ägyptischen Abteilung zu schaffen machen, muss Mona beherzt eingreifen. Doch ihre Hexenkräfte schießen gerne über das Ziel hinaus und so beschwört sie mehr versehentlich als mit Absicht den Erzdämonen Balthasar. Die Einbrecher werden erfolgreich vertrieben, allerdings steht Mona nun vor einem neuen Problem: durch die Beschwörung wurde ein Pakt geschlossen. Balthasar ist nun verpflichtet, Mona in jeder Notlage zu helfen.
Die Hexe muss mit ihrer Arbeit im Museum und ihren unzuverlässigen Kräften fertig werden, ohne wegen jeder Kleinigkeit den schamlos flirtenden Erzdämonen zu beschwören. Der findet es nämlich gar nicht lustig, wenn sich die „Notlage“ als eine verspätete S-Bahn oder ein fest verschraubtes Marmeladenglas entpuppt.
Doch da sind auch noch die Mumien-Diebe, die nicht so leicht aufgeben. Als sie es wagen, ein kleines Mädchen zu entführen, braucht es keine Beschwörung, damit Balthasar seiner Hexe und ihren Freunden beisteht.
Was gefällt mir?

Und täglich grüßt der Erzdämon ist ganz klar ein unterhaltsamer Fantasy-Liebesroman. Zwischen Balthasar und Mona knistert es – manchmal wortwörtlich – gewaltig. Dabei gelingt die Balance zwischen Humor und ernsthaften Momenten sehr gut.
Mona ist keine perfekte Roman-Heldin. Sie ist voller Zweifel, Unsicherheit und Ängste, die sich bis zum Ende des Buches nicht einfach in Luft auflösen. Das ist beim Lesen manchmal etwas frustrierend, doch gleichzeitig wird ihr Charakter dadurch sehr realistisch.
Die Themen „Wahlfamilie“ und „Consent“* spielen ebenfalls eine große Rolle und entsprechen dem Zeitgeist. Romantische Beziehungen finden ganz selbstverständlich nicht nur zwischen Männern und Frauen oder strikt monogam statt.
Das Setting in Frankfurt am Main (und Offenbach) passt sehr gut. Warum sollte sich in die zahlreichen Museen am Museumsufer nicht auch eines für Mythologie einreihen? Wer die Stadt kennt, erlebt den einen oder anderen liebevollen Aha-Moment.
I.B. Zimmermann (vielen bekannt auch als YouTuberin und Streamerin Honeyball oder Kritzelpixel) gelingt es, eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Die übergreifende Handlung ist zwar manchmal etwas dünn. Sie ist eher die Leinwand für die liebevolle Darstellung der Figuren und ihren Beziehungen untereinander. Da mir Mona, Boris, Ben, Balthasar, Vlad und all die anderen sehr schnell ans Herz gewachsen sind, kann ich das gut verzeihen.

Die Geschichte von Mona und Balthasar wird fortgeführt: „Verliebt, verlobt, beschworen“ und „Zwischen Himmel und Hölle“

Sarah Dlugokinski-Thoma

Lesetipp März

Wolfgang Haas: MüllWolfgang Haas: Müll

Der neunte Brenner-Roman „Müll“ von Wolf Haas liest sich wieder in altbekannt-humorvoller Weise mit viel Wiener Lokalkolorit.

Simon Brenner ist ein Antiheld. Als Polizist in seinem Beruf gescheitert und obdachlos, schlägt er sich als Privatermittler durch. Aber auch die Privatermittlung läuft nicht gut. Und so hat Brenner als Mistler auf einem Wiener Mistplatz, also einem Wertstoffhof, angeheuert. Genau dort wird ein menschliches Knie gefunden. Weitere Leichenteile tauchen auf, nur vom Herz der Leiche fehlt jede Spur. Simon Brenner mischt kräftig bei den Ermittlungen mit.

Nicht allein durch den Showdown an der deutsch-österreichischen Grenze beleuchtet Wolf Haas ein Tabuthema: Die Organentnahme nach dem Ableben eines Menschen. In Österreich muss gegen eine Organentnahme widersprochen werden, in Deutschland bedarf es einer Zustimmung. Die Organmafia hat hier ihre Finger im Spiel.

Wie in allen Brenner-Romanen begleitet den Protagonisten eine Erzählstimme, die ihn launig „den Brenner“ nennt und die Leserschaft direkt anredet. Wolf Haas‘ Sprache der Verknappung ist einzigartig. Zusammen mit den Eigenheiten des Österreichischen ist der Roman ein Genuss!

Susann Wagner

Lesetipp Februar

Marissa Meyer: Wie Monde so silbernMarissa Meyer: Luna-Chroniken

Marissa Meyer hat mit den „Luna-Chroniken” eine Welt zwischen Fantasie, Intrigen und technischem Fortschritt geschaffen. Hier treffen Märchen und Moderne aufeinander. Man begegnet Cyborgs und bösen Schwiegermüttern, kämpft mit der Pest und fliegt durchs All – alles an der Seite geliebter Kindheitsheldinnen.

Die Reihe beginnt mit Cinder, einer Mechanikerin, die mit ihrer Stiefmutter und ihren Stiefschwestern in Neu-Peking lebt. Cinder hat es nicht leicht. Da ist ihre Stiefmutter, die sie wie Dreck unter ihren Fingernägeln behandelt. Außerdem ist sie seit einem Unfall Cyborg, was sie zur Außenseiterin macht. Ihr Leben stellt sich auf den Kopf, als an ihrem Stand auf dem Wochenmarkt Prinz Kai auftaucht und sie bittet, seine Androidin zu reparieren. Der Kronprinz durchlebt gerade eine schwere Zeit. Sein Vater ist – ohne Aussicht auf Heilung – an der Pest erkrankt. Diese Krankheit lässt die ganze Erde den Atem anhalten. Die Forschung nach einem Heilmittel hat oberste Priorität. Täglich werden Cyborgs als Forschungsobjekte eingezogen. Und so kommt es wie es kommen muss: Cinder wird von ihrer Stiefmutter als “Freiwillige” gemeldet und soll mit dem Erreger infiziert werden.

Außerdem droht ein Krieg mit Luna. Levana, die Königin des Mondes, will nur auf die Friedensverhandlungen der Erdbevölkerung eingehen, wenn sie Königin von Neu-Peking wird. Dafür müsste Kai sie heiraten. Können sich Cinder und Kai aus ihren Ketten befreien? Und welche Rolle spielen Scarlet, die ihre verschwundene Großmutter sucht, Cress, die eingesperrt in einem Satelliten um die Erde kreist und Winter, die schöne Stieftochter der Tyrannin Levana?

Auch wenn ich am Anfang skeptisch war, wie Märchen und Science-Fiction zusammenpassen sollen, war ich schon nach den ersten Seiten gefangen. Marissa Meyer erzählt die Märchen nicht eins zu eins nach. Das hat den Vorteil, dass man nicht wirklich weiß was als Nächstes passiert. Es gibt jedoch immer wieder vertraute Elemente, bei denen man sich unweigerlich an eine bestimmte Geschichte erinnert. Außerdem hat die Autorin die verschiedenen Märchen miteinander verwoben. So treffen hier zwischen den Zeilen Cinderella, Schneewittchen, Rotkäppchen und Rapunzel aufeinander. Die Mischung aus Bekanntem und Neuem, die Erzählung aus den verschiedenen Blickwinkeln der Charaktere und dazu eine gute Prise Spannung, haben mich ein Buch nach dem anderen verschlingen lassen. Ich empfehle auf jeden Fall den jeweiligen nächsten Band griffbereit zu haben.

Anna-Lena Schäffner

Lesetipp Januar

Tommie Goerz: Tante Emma lebtTommie Goerz: Tante Emma lebt

„Tante Emma lebt“ ist Deutschlands schönstes Regionalbuch und wurde von der Stiftung Buchkunst und der IG Regionalia des Börsenvereins des deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Auch auf der Shortlist des deutschen Fotobuchpreises ist es vertreten.

Auf fesselnde Art erzählt der Erlanger Autor Tommie Goerz von seinen Ausflügen in die letzten Minisupermärkte seiner Heimat. Immer dabei ist Walther Appelt, der die bunte schillernde Welt in liebevollen Fotos festhält. Unglaublich, was man darauf alles entdecken kann.

Wir erfahren Interessantes über die Geschichte einzelner Läden. Oft werden sie seit vielen Jahrzehnten von Generation zu Generation weitergegeben. Die „Emmas“ kommen in ihren Dialekten zu Wort und deren soziale Funktion im Ort berührt im Herzen.

Beeindruckend ist die Fülle der Artikel, oft mehrere Tausend, auf engstem Raum. Es gibt alles: Eiskonfekt, Brause, Kittelschürzen, Hosenträger, Trachten-Zubehör und Selbstgemachtes. Ein Kunde fragte Frau Auch in Oberickelsheim: „Is des edds a Museum oder verkaufen Sie doh noch?“

Ich habe das Gefühl, neben Emma ist das meistbenutzte Wort in diesem wundervollen Buch „Lachen“. Man bekommt beim Lesen sofort Lust, einige dieser spitzbübischen Persönlichkeiten kennenzulernen und wird mit einem anderen Blick durch unsere Heimat reisen.

Karin Rosa

Lesetipp Dezember

Der Name des WindesPatrick Rothfuss: Der Name des Windes

Der Name des Windes ist das erste Buch der Königsmörder-Chroniken. Kvothe ist der Wirt des ländlich liegenden Gasthauses “Wegstein”. Er ist gerade dabei, einem Chronisten seine Geschichte zu erzählen. Denn hinter Kvothe steckt viel mehr als nur ein einfacher Wirt.

Ursprünglich ist Kvothe unter fahrenden Spielleuten, den Edema Ruh, aufgewachsen. Dadurch ist er schon als kleiner Junge sehr viel rumgekommen, kennt viele Geschichten, Lieder und Theaterstücke. Er liebte die Abende, an denen alle gemeinsam im Lager saßen und gemeinsam musizierten, lachten und Geschichten erzählten.

Leider tauchten irgendwann die Chandrian auf, verwüsteten das Lager und brachten seine Eltern um. Völlig auf sich allein gestellt will Kvothe nun herausfinden, wer die Chandrian sind und warum seine Eltern ihnen zum Opfer gefallen sind. Um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen, nimmt er viel auf sich: Ohne Hab und Gut bettelt er sich durch die Hafenstadt Tarbean. Dank seiner Begabung für Magie und Wissenschaft wird er als jüngster Student am “Arkanum”, der Universität für hohe Magie, aufgenommen. Dort hofft er, in der Bibliothek mehr über die Chandrian herauszufinden.

Die Recherche nach den Chandrian gestaltet sich als sehr schwierig, da es fast keine Nachweise über sie gibt. Außerdem muss er sich weiterhin mit finanziellen Problemen, Missgeschicken und natürlich auch mit fiesen Professoren und Mitschülern herumschlagen. Für einen schöneren Zeitvertreib sorgen seine Freunde und seine Laute, die ihm besonders wichtig ist. Wegen seiner Herkunft bei den Spielleuten, kann sich Kvothe nicht ganz vom Rampenlicht fernhalten. Im Wirtshaus “Zum Anker” tritt er deshalb mit seiner Laute auf und zaubert dem Publikum ein Lächeln oder auch die ein oder andere Träne ins Gesicht.

Mir gefällt der Stil von Patrick Rothfuss. Er beschreibt die Welt und die Charaktere so gut, dass man sich selber schnell durch die Stadt schlendern sieht oder Teil eines Gespräches wird. Außerdem ist Kvothe nicht der klassische Fantasyheld: Er ist zwar sehr begabt, hat aber seine Fehler, zieht Missgeschicke fast schon magisch an und handelt oft unüberlegt. Das macht ihn und die meisten Charaktere sehr sympathisch. Die Nebencharaktere sind auch nicht bloß kurz erwähnt, man lernt sie und deren Hintergrund gut kennen. Bisher sind drei Bände über Kvothes Abenteuer erschienen. Leider ist bis jetzt noch nicht absehbar, wann der nächste Band in den Handel kommen wird. Trotzdem kann ich die Bücher wärmstens empfehlen. Mir haben sie sehr viel Spaß gemacht und zählen mittlerweile zu meinen Lieblingsbüchern.

Michaela Reisch

Lesetipp November

Time to LoveBeth O’Leary: Time to Love

Nach Love to Share ist Time to Love das zweite Buch der britischen Autorin Beth O’Leary, in dem sie Leena und ihre Großmutter Eileen das Leben tauschen lässt – Londoner Großstadtleben gegen britisches Landleben in Yorkshire, ob das gut geht?

Nach einigen Problem im Job erhält Leena die Möglichkeit auf eine zweimonatige Auszeit. Grauenvolle Vorstellung für Leena! Diese hat sich seit dem Tod ihrer Schwester in die Arbeit gestürzt, nur um nicht darüber nachdenken zu müssen. Da sie aber keine andere Wahl hat, beschließt Leena ihre Großmutter Eileen in der Nähe von Yorkshire zu besuchen.

Eileen, Ende 70, betrogen und verlassen von ihrem Exmann, sehnt sich nach ihrem zweiten Frühling. Doch auf dem Land ist die Dating-Auswahl begrenzt: Arnold, mürrischer Katzen-Hasser von nebenan oder Basil, der zwar noch seine eigenen Zähne hat, dafür aber einen “Britain First”-Aufkleber auf seiner Stoßstange.

Kurzerhand beschließen die beiden ihre Wohnungen samt Handys zu tauschen. Eileen zieht in Leenas bunte WG in London und stürzt sich in die Online-Partnersuche. Leena zieht in das Haus ihrer Großmutter, samt Verantwortung für die Katzen und Eileens Verpflichtungen bei der Nachbarschaftswache. Was kann da schon schief gehen? 😀

Beth O’Leary zeichnet hier sehr sympatische Figuren. So ist es amüsant, sowohl Leena als auch Eileen in ihrer neuen und ungewohnten Umgebung zu sehen. Gerade die kauzigen Bewohner*innen in Eileens Dorf hatten es mir angetan. Durch die abwechselnden Perspektiven kann man das Buch auch gar nicht weglegen und hat es im Nu ausgelesen.

Yvonne Reinhardt

Lesetipp Oktober

Buchcover "Every" von Dave EggersDave Eggers: Every

Was mit dem Circle als größte Suchmaschine und Soziales Netzwerk begann, treibt die Fusionierung mit dem mächtigsten Online-Versandhaus auf die nächste Stufe der Monopolstellung eines Unternehmens. Und diese Macht hat einen Namen: Every.

Every kauft Start-Ups auf, Leute ein und entwickelt Software, die abhängig macht. Abhängig von Zahlen und Likes. Software, die alles und jede*n sieht. Doch das stellt nur einen Bruchteil des Ausmaßes der Überwachung dar. All das läuft unter der Hand von Mae Holland, die beim Circle anfing und zu einer der bedeutendsten Personen im Circle-Universum heranwuchs. Ihr Leitsatz „Teilen ist heilen“ lässt keinen Spielraum für Privatsphäre. Wer anders denkt und sich anders verhält, verbirgt etwas.

Währenddessen immer präsent: der Klimawandel, der Kollaps des Planeten. Hier hat Every Großes vor. Die Offenlegung des persönlichen CO2-Fußabdrucks, was Karrieren zerstört und Leben beendet. Diese und viele weitere Entscheidungen übernimmt Every. Denn wer behält den Überblick und wünscht sich schon unendlich viele Möglichkeiten und Freiheiten?

Doch noch gibt es Widerstand gegen ein fremdbestimmtes Leben. Nicht alle wollen gläsern sein und Künstliche Intelligenz für sich entscheiden lassen. Delaney ist eine der Personen, die auf ihre Freiheiten nicht verzichten möchte. Sie versucht mithilfe ihres Freundes Wes ins Innere des Unternehmens vorzudringen und diesem zu schaden. Ob dieses Vorhaben gelingt? Lest selbst!

Dieses Buch ist eine klare Empfehlung. Eine Dystopie könnte man meinen – doch dafür in einigen Bereichen schon erschreckend real. Es kann sensibilisieren und dazu anregen, das eigene Handeln genauer zu betrachten. Ich werde diese Geschichte im Hinterkopf behalten und bin gespannt, was sich davon in unserer Zukunft wiederfindet.

Heike Ossadnik

Lesetipp September

Da hinaufMarianne Künzle: Da hinauf

Ein schönes Cover fesselt den Blick und dann zieht es einen schnell hinein in die Erzählung.

Wir begleiten zwei Frauen allein auf derselben Bergtour hinauf zum Gletscher, aber zeitlich versetzt. Irma, eine junge Witwe, unternimmt die Wanderung Anfang der 50er Jahre. Sie ist nach einem heftigen Streit mit ihrem erwachsenen Sohn aufgebrochen. Ihre Gedanken schweifen immer wieder zu diesem zurück.

Annina, eine junge Journalistin macht sich in der Gegenwart auf denselben Weg. Sie beschäftigt eine bevorstehende wichtige Reportage und will sich endlich in ihrem Beruf beweisen.

Beide Frauen nimmt die Natur gefangen. Sie sind fasziniert von dem Gletscher. Die eine erlebt ihn noch als „gepanzertes Riesentier“ und betrachtet ihn als immer bleibende Konstanz im Leben der von Kriegen gebeutelten Menschheit. Die andere erkundet die Relikte des Gletschertores, fotografiert und filmt den Zerfall des Gletschers, spielt mit den Gedanken, darüber eine Zeitraffer-Reportage zu machen.

Und wie nebenbei findet Annina eine Leiche, von der schnell klar ist, dass sie schon lange vor ihrer Geburt im Gletschereis liegt, und allein wir Leser*innen wissen, wer sie ist.

In wunderbar atmosphärischer Sprache schildert die Autorin das Schauspiel der Natur vor den Alltagssorgen der beiden Frauen. Der Roman lebt von den großartigen Naturbeobachtungen und entwickelt ruhig erzählt eine ganz eigene Spannung, der man sich nicht entziehen kann.

Claudia Nägel

Lesetipp August

Marion Karausche: Der leere PlatzMarion Karausche: Der leere Platz

Dieser Roman ist die Geschichte einer Familie, deren heile Welt zusammenbricht, als der Sohn im Jugendalter plötzlich merkwürdig wird und sich abwendet. Es ist vor allem auch die Geschichte einer Mutter, die nicht mehr glücklich sein kann, weil es ihr Kind nicht ist. 

Eine deutsche vierköpfige Auswandererfamilie hat ein privilegiertes, nahezu perfektes Leben in Marokko. Bis zum Tag an dem Kai, das ältere Kind, nicht mit seinen Freunden vom Europatrip zurückkommt. Als er dann doch heimkehrt ist er nicht mehr derselbe. Sein Studium bricht er bald ab. Und verschwindet wieder. Jahre vergehen, ohne dass die Eltern wissen wo er ist und wie es ihm geht. Eine Zeit angstvollen Wartens. Dann kommt ein Anruf aus einer deutschen Klinik. Kai wurde eingeliefert. Laut den Ärzten ist er psychisch krank. Nun kann Marleen, die Mutter, für ihn da sein. Doch wie hilft man einem erwachsenen Kind, das sich immer mehr von der Welt entfremdet und oft verzweifelt und perspektivlos ist? Wie hält eine liebende Mutter diesen immerwährenden Ausnahmezustand und die Angst vor dem nächsten Zusammenbruch aus? Was macht das mit der Ehe? Mit dem Geschwisterkind? Und gibt es in der Familiengeschichte Antworten auf die Frage nach dem Warum?

Marion Karausches bewegendes Debüt muss man einfach gelesen haben. Ein wahrhaftig unter die Haut gehendes Buch, spannend bis zum letzten Moment und lange nachwirkend!

Marlene Neumann

Lesetipp Juli

Eine Frage der ChemieBonnie Garmus: Eine Frage der Chemie

„Chemie bedeutet Veränderung“, erklärte sie den Hausfrauen da draußen. „Verändern Sie nicht bloß den Speiseplan, sondern Ihre Rolle in der Welt!“

Die junge Forschungschemikerin Elisabeth Zott ist alles andere als Durchschnitt. Sie ist nicht nur außergewöhnlich klug, sondern auch sehr attraktiv. Damit hat sie es in der reinen Männergesellschaft ihres Forschungsinstituts nicht gerade leicht. Als sie sich dann auch noch in den Vorzeigewissenschaftler der Einrichtung verliebt, werden ihr mehr und mehr Steine in den Weg gelegt. Schließlich steht sie mit einem unehelichen Kind alleine da, muss ihre Pläne über den Haufen werfen und ihren Lebensunterhalt auf völlig unerwartete Weise verdienen.

Dennoch bleibt sie der Chemie in allen Lebenslagen treu und bringt ihre Umgebung mit ihrem wachen Verstand immer wieder an ihre Grenzen.

Eine inspirierende Geschichte über eine ungewöhnliche Frau, die sich allen widrigen Umständen zum Trotz, immer selbst treu bleibt. In einer Welt, die für Frauen viele Ungerechtigkeiten bereithält, findet sie dennoch ihren Weg und bietet den festgefahrenen Strukturen der Gesellschaft die Stirn.

Stefanie Erben

Lesetipp Juni

Caitlin Doughty: Fragen Sie Ihren BestatterCaitlin Doughty: Fragen Sie Ihren Bestatter

 

Krematoriumsfachkraft. Dieser ungewöhnliche Job ist für Caitlin Doughty mit Anfang zwanzig nicht nur ein Job, er ist auch Therapie. Jahrelang hat sie die Angst vor dem Tod verdrängt, ignoriert und nicht zugelassen, auch nur darüber nachzudenken. Caitlin stellt sich aber nicht nur ihren Ängsten, sie träumt von einer (friedlichen!) Revolution der Bestattungskultur. Es ist ihr Wunsch, dem Tod im Leben einen Raum zu geben. Am Ende sollten wir den Sensenmann wie einen alten Freund begrüßen, ganz ohne Furcht.

Warum ich dieses Buch empfehle?

„Fragen Sie Ihren Bestatter“ ist auf vielen Ebenen ein lehrreiches Buch. Es ist eine Biographie, eine Auseinandersetzung mit dem Tod und warum wir solche Angst vor dem Sterben haben und bietet einen Blick in die Geschichte der (amerikanischen) Bestattungskultur. Mir gefällt, dass Caitlin Doughty sich sehr gerade heraus mit diesen Themen beschäftigt. Ihr Respekt vor dem Leben, aber ganz besonders vor dem Tod wird deutlich. Sie lädt ein, sich mit dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen. Sanft, ohne Angst. Ihr eigener Lebensweg zeigt, wie das gelingen kann.

Außerdem empfehle Caitlin Doughtys YouTube-Serie „Ask a Mortician“ (Frag‘ einen Bestatter). Mit der gleichen Gradlinigkeit und Humor beantwortet sie die Fragen über Tod und Sterben, die sich keiner zu fragen traut. Die Videos sind in englischer Sprache.

Sarah Dlugokinski-Thoma

Lesetipp Mai

Marie-Sabine Roger: Wenn das Schicksal anklopft, mach aufMarie-Sabine Roger: Wenn das Schicksal anklopft, mach auf

Das Buch handelt von zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und dennoch Freundinnen werden. Beide sind aus ganz verschiedenen Gründen Außenseiter. Die 29-Jährige Harmonie leidet unter dem Tourette-Syndrom und hat es wegen ihrer unkontrollierbaren Ausbrüche schwer, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Fleur ist eine 76 Jahre alte, stark übergewichtige Rentnerin mit einer extremen Sozialphobie. Sie verlässt ihre Wohnung ausschließlich, wenn sie einen Termin beim Therapeuten wahrnimmt. Er ist der Einzige, dem sie – abgesehen von ihrem Mops Mylord – noch vertraut. Da sie ihren Hund aber nicht zu den Sitzungen mitnehmen kann, trifft sie bei der Suche nach einem Hundesitter auf Harmonie, die gerade versucht, etwas unabhängiger von ihrem Freund zu werden. Das erste Treffen der beiden ist nicht sehr vielversprechend und endet damit, dass Harmonie sich den Arm bricht. Dadurch sind die zwei Frauen aber auf seltsame Weise mit einander verbunden und es entwickelt sich mit der Zeit eine Art Freundschaft, die es beiden ermöglicht, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen und mit ihren Schwierigkeiten besser zurecht zu kommen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht der beiden Protagonistinnen erzählt. Dabei entspricht der jeweilige Schreibstil sehr anschaulich den unterschiedlichen Persönlichkeiten: Hektisch und chaotisch die Eine, bedächtig und gelegentlich etwas abschweifend die Andere.

Wie schon in ihren früheren Büchern, ist es der Autorin auch hier wieder gelungen, sehr einfühlsam und warmherzig über Menschen zu schreiben, die am Rande der Gesellschaft stehen und es im Leben nicht leicht haben. „Wenn das Schicksal anklopft, mach auf“ ist eine sehr berührende und humorvolle Geschichte über Freundschaft und Toleranz und unbedingt lesenswert.

Sabine Köstler

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Aus aktuellem Anlass haben wir Ihnen Medien über die Ukraine sowie Literatur ukrainischer Autor*innen zusammengestellt. Außerdem bieten wir eine kleine Auswahl ukrainischer Bilderbücher an.

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